Allgemeines

Eine Fallstudie dient dem Zweck Erkenntnisse aus der Theorie anhand eines konkreten Falls zu überprüfen oder neue zu erlangen. Ein Fallbeispiel bezieht sich somit auf einen Fall.

Fallstudien beantworten grundsätzlich explorative, deskriptive und/oder explanative Fragestellungen. Die Stärken einer Fallstudie liegen im Vergleich zum quantitativen Erheben in dem umfassenderen Abbilden der sozialen Wirklichkeit und dem Erfassen von Phänomenen im Kontext. Dies erlaubt es, Entwicklungen, Prozessabläufe und Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge nach zu-vollziehen und praxisrelevante, datenbasierte Aussagen zu treffen.

Fallstudien teilen sich in zwei Kategorien ein: die Einzelfallstudie und die vergleichende Fallstudie. Die Einzelfallstudie untersucht genau einen Fall. Dabei betrachtet die Forschende kritische, extreme, einzigartige, repräsentative, typische oder bisher nicht zugängliche Fälle. Oder sie beobachtet die letztgenannten über einen längeren Zeitraum. Die vergleichende Fallstudie untersucht mehrere Fälle und vergleicht diese miteinander. Der Vorteil liegt im kritischen Betrachten von gewonnenen Erkenntnissen durch Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Fällen. Dadurch werden die Ergebnisse belastbarer, vertrauenswürdiger und robuster. Allerdings geht auch ein höherer Aufwand einher.

Im Gegensatz zu quantitativen Methoden erlauben Fallstudien keinen statistischen Induktionsschluss auf eine Grundgesamtheit.
Analyse von Daten einer Fallstudie
Fallstudie, Quelle: Bild von Moondance auf Pixabay

Ziel

Fallstudien kommen in neuen oder komplexen Forschungsfeldern zum Einsatz, um ein besseres Lagebild zu erarbeiten, Wesentliches von Unwesentlichem zu trennen, zu abstrahieren und vermeintlich Neues auf Bekanntes zurückzuführen. Aber auch bei fortgeschrittenem Forschungsstand liefern Fallstudien neue Perspektiven auf das Forschungsgebiet und damit Impulse für weitere Forschung. Ebenso beim quantitativen Forschen bieten sich Fallstudien an. Beispiel: Cluster oder Ausreißer erfordern ein näheres Betrachten, zum Unterstützen beim Generieren von Hypothesen oder Validieren von Konstrukten.

Ziel der Fallstudie ist es, theoretische Erkenntnisse in Bezug auf bislang unerforschte Phänomene zu gewinnen.

Durchführung

Innerhalb des Planungsprozesses wird das Forschungsprotokoll entwickelt und niedergeschrieben, worin der weitere Fortgang der Untersuchung definiert wird. Die Durchführung verläuft wie folgt:

  1. Die Problemstellung definiert den zu untersuchenden Sachverhalt. Innerhalb der Zielsetzung der Analyse wird festgelegt, ob die Betrachtung Hypothesen aufstellt, oder testet und davon ausgehend das theoriegeleitete Vorgehen anhand relevanter Literatur ausgewählt. Die Definition und Auswahl der Fälle bestimmt, ob eine Einzelfallstudie oder eine vergleichende Fallstudie durchgeführt wird.

    Die Fälle können beliebig gewählt werden, müssen aber in Zusammenhang mit dem Forschungsziel stehen und die Auswahl muss begründet werden. Es ist kein Zufallsprinzip nötig, wie bei der quantitativen Forschung. Bei der Auswahl der Datenerhebungsmethoden werden diese in Bezug zum vorliegenden Fall gesetzt und entsprechend gewählt.

    Innerhalb der vergleichenden Fallstudie wird dabei eine Replikationslogik angewandt.
    • Es werden weitere Fälle so ausgewählt, dass sie den Rahmenbedingungen des oder der ersten analysierten Fälle entsprechen, sodass sie voraussichtlich die bisherigen Erkenntnisse bestätigen (laterale Replikation).
    • Alternativ können Fälle selektiert werden, bei denen anderslautende Resultate erzielt werden, die aber theorieseitig vorhersagbar sind (theoretische Replikation).
    • Am Ende des Planungsprozesses wird eine exemplarische Studie (Pilot Case) durchgeführt.
    Die daraus gewonnenen Erkenntnisse fließen in das Forschungsprotokoll ein.

  2. Die Datenerhebung folgt nach dem Planungsprozess. Es existieren die folgenden Datenerhebungsmethoden: die Befragung, die Beobachtung und die Inhaltsanalyse. Alle erhobenen Daten werden in einer Datenbank abgelegt.

  3. Die Datenanalyse gestaltet sich komplex, da kein generelles Vorgehen existiert. Ausgangspunkt ist die Sortierung und Strukturierung des Datenmaterials, für die anschließende Auswertung stehen mehrere Analysetechniken zur Verfügung. Daraus resultieren Fallstudienreporte, die im Rahmen der kommunikativen Validierung den Probanden zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit zur Durchsicht zugeschickt werden, um inhaltliche Fehler zu vermeiden.

  4. Die Fallinterpretation diskutiert die Ergebnisse des einzelnen Falls oder setzt sich mit den Fällen in einer Fall vergleichenden Interpretation im Rahmen der vergleichenden Fallstudie auseinander.

Was sind Fehlerquellen?

In Beiträgen kommt es vor, dass bei qualitativen Studien von einem N die Rede sei. Dieses N soll zwar auf die Anzahl der Studien hinweisen. Bei einer qualitativen Forschungsmethode ist die Angabe nicht sinnvoll, da auch keine quantitative Analyse erfolgt.

 


Kernliteratur

  • Yin, R.K. (2014): Case Study Research: Design and Methods. (5th ed.), Sage Publications, Los Angeles [u.a.] 2014.
  • Borchardt, A.; Göthlich, S.E. (2009): Erkenntnisgewinnung durch Fallstudien. In Albers, S.; Klapper, D.; Konradt, U.; Walter, A.; Wolf, J. (Eds), Methodik der empirischen Forschung (pp.33-48). Wiesbaden: Gabler.

 

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