Allgemeines

Eine Literaturrecherche kann auf unterschiedliche Art und Weisen durchgeführt werden. Entscheidend bei der wissenschaftlichen Recherche ist das systematische Vorgehen.

Ziel

Ziel ist es den Stand der Forschung und/oder Technik zu erfassen, um so zwei Erkenntnisse zu gewinnen:

  • Überblick über das Themengebiet und
  • Auffinden von einer oder mehreren „Lücken“ im Themengebiet.

Beachte: Die Vorgehensweise muss nachvollziehbar sein!

Das bedeutet neben dem Nennen der zugrunde liegenden Quellen, auch die Vorgehensweise genauestens zu beschreiben. Hilfreich ist es sich beim Aufschreiben klar zu werden, kann eine Person, die noch nie etwas mit der Arbeit zu tun hatte, mit der Beschreibung die Literaturrecherche durchführen und kommt zu den gleichen Ergebnissen?

Durchführung

Was sind Fehlerquellen?

Häufige fehlt die Nennung von:

  • durchsuchten Datenbanken,
  • verwendeter Stichwörter,
  • Eingrenzungen (in der Zeit, in der Anzahl der durchsuchten Quellen),
  • Auswahl von relevanter Literatur und
  • Anzahl gefundener Quellen.

Hinweis: Die Auswahl von relevanter Literatur findet mithilfe einer Methode statt nicht durch „weil ich diese für relevant hielt“ oder „mein Betreuer mir diese genannt hat“. Eine Auswahl anhand von ich Kriterien ist nicht von allgemeiner Bedeutung. Besser sind Aussagen wie „zur Schaffung eines Domänenverständnisses“ oder „für einen explorativen Überblick“.

Wie wähle ich die richtige(n) Datenbank(en) für die Literaturrecherche aus?

Datenbanken umfassen meist größere Themenbereiche und Fachgebiete. Die abzufragende Datenbank muss so gewählt sein, dass das Ergebnis stets nachvollzogen werden kann. Beispiel: Die Datenbank Google liefert zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedliche Ergebnisse. Stattdessen empfiehlt sich eine Datenbank mit wissenschaftlichen Artikeln, die aus dem Themenbereich sind. Beispielsweise ist das Thema der Arbeit: „Digitale Transformation“. Dann wird erwartet im Bereich der Informatik oder Wirtschaftswissenschaften geeignete Treffer zu finden.

Wie gehe ich vor?

Zum Vorgehen einer Literaturrecherche in den Einzelschritten ist die Literatur indifferent. Auf der anderen Seite herrscht Konsens in der Art und Weise - sie erfolgt nach einem festgelegten System. Ansonsten ist eine Literatursuche an den Kontext anzupassen. Am Anfang gilt es lesen und noch mehr lesen und anschließend den Berg von Informationen aus dem Literatur-Djungle (s. Abbildung 1) aufzubereiten, sodass der Forscher und die Leserschaft vermögen daraus Rückschlüsse zu ziehen.

Literatur-Djungle
Abbildung 1: Literatur-Djungle

Die für den Kontext der Wirtschaftsinformatik bedeutendsten sind: Webster und Watson (2002), Fettke (2006) und vom Brocke et al. (2009).

Vom Brocke et al. (2009) schlagen fünf aufeinander aufbauende Schritte vor:

  1. Definition des Suchraumes,
  2. Konzeptualisierung des Themas,
  3. Literatursuche,
  4. Literaturanalyse und -synthese sowie
  5. Forschungsagenda

Der Aufbau gestaltet sich systematisch und klar, sodass die Argumentation für einen Dritten nachvollziehbar ist. Für ein verständlicheres Bild bietet es sich an die Schritte mit Methoden durchzuführen, welche in der Literatur vorhanden sind. Vom Brocke et al. (2009) schlagen vor die Konzeptionalisierung beispielsweise mit der Taxonomie von Cooper (1988) durchzuführen. Cooper (1988) unterteilt die Suche in sechs näher zu beschreibende Ausprägungen:

  1. Fokus,
  2. Ziel,
  3. Perspektive,
  4. Umfang,
  5. Aufbau und
  6. Zielgruppe.

Die Ausprägungen unterteilen wir in Kategorien. Der Forscher entscheidet anhand von Argumenten, welche Kategorien er in der Arbeit eingehender untersucht. Tabelle 1 zeigt die Aufteilung nach Cooper (1988).

Ausprägung

Kategorie

(1)

Fokus

Forschungsergebnisse

Forschungsmethoden

Theorien

Praxis/Anwendungen

(2)

Ziel

integrierend

kritisierend

identifizieren von zentralen Herausforderungen

(3)

Perspektive

neutrale Repräsentation

positionsbeziehend

(4)

Umfang

voll umfassend

umfassend mit ausgewählter Zitierung

repräsentativ

zentral/entscheidend

(5)

Aufbau

historisch

konzeptuell

methodologisch

(6)

Zielgruppe

spezielle Wissenschaftler

Allgemeine Wissenschaftler

Praktiker/Entscheidungsträger

Allgemeinheit

Tabelle 1: Taxonomie nach Cooper (1988)

Die Schritte iii und iv können in Anlehnung an Webster und Watson (2002) erfolgen oder nach Fettke (2006).

Der Schritt v gibt die in der Literatur gefundenen Forschungslücken wieder. Eine Forschungslücke ist ein neues zu erreichendes Erkenntnisinteresse, das bisher nicht erklärt wurde. Es bietet sich an nach Unterschieden und Gemeinsamkeiten in den Texten zu suchen. So weisen Unterschiede auf eine Forschungslücke hin, wie die Praxis nutzt visuelles Feedback während in der Forschung akustisches Feedback als signifikant besser identifiziert wurde. Somit stellt sich die Frage: Warum nutzt die Praxis kein akustisches Feedback?

Wie funktioniert die Suche in der Wirtschaftsinformatik?

Eine Anleitung für die Suche im Basket of Eight findet sich unter AIS - "Basket of Eight".

Die gefundene Literatur wird auf Relevanz (siehe Ranking und Impakt in der Wirtschaftsinformatik) für die Thematik untersucht. Meist mittels Codierung. Daran schließt sich die Vorwärts- und Rückwärtssuche an. Abschließend wird eine Konzeptmatrix erstellt, aus der die weiteren Erkenntnisse gewonnen und zur Diskussion gestellt werden.

Wie können wissenschaftliche Artikel mit Google gefunden werden?

Wissenschaftliche Artikel finden mit Google - ist essenziell für eine Abschlussarbeit. Schließlich fehlen Artikeln aus der Praxis oft die Quellen und der notwendige wissenschaftliche Diskurs.

 Vorteile:

  • Schneller Überblick
  • Scholar.Google wird ständig erweitert
  • Zitationszahlen decken mehr ab als kontrolierte Datenbanken

Nachteile:

  • Teilweise fehlen entscheidende Artikel
  • Nachvollziehbarkeit geringer wegen des Erweiterns und der verändernden Reihenfolge der Artikel
  • Kein Datendownload
  • Fehlende Qualitätskontrolle und Indizierungsrichtlinien

Zusammenfassend ist eine Scholar.Goolge-Suche für einen schnellen Überblick zielführend. Für eine systematische Literaturrecherche sind Datenbanken wie EBSCO oder Scopus geeignet. 

Weitere Bücher zum Thema Literaturrecherche


Kernliteratur

  • Webster, J.; Watson, R.T. (2002): Analyzing the Past to Prepare for the Future: Writing a Literature Review. In: MIS Quarterly, Vol. 26 (2002) No. 2, pp. xiii-xxiii.
  • Cooper, H.M. (1988): Organizing Knowledge Syntheses: A Taxonomy of Literature Reviews. In: Knowledge in Society, Vol. 1 (1988) No. 1, pp. 104-126.
  • Brocke, J.; Simons, A.; Niehaves, B.; Riemer, K.; Plattfaut, R.; Cleven, A. (2009): Reconstructing the Giant: On the Importance of Rigour in Documenting the Literature Search Process. In: Proceedings of the 17th European Conference on Information Systems. Eds.  2009, pp. 2206–2217.
  • Fettke, P. (2006): State-of-the-Art des State-of-the-Art. In: Wirtschaftsinformatik, Vol. 48 (2006) No. 4, pp. 257-266.

Weiterführende Literatur

  • Torraco, R.J. (2005): Writing Integrative Literature Reviews: Guidelines and Examples. In: Human Resource Development Review, Vol. 4 (2005) No. 3, pp. 356-367.
  • Okoli, C.; Schabram, K. (2010): A Guide to Conducting a Systematic Literature Review of Information Systems Research. In: Sprouts - Working Papers on Information Systems, Vol. 10 (2010) No. 26.
  • Onwuegbuzie, A.J.; Leech, N.L.; Collins, K.M. (2012): Qualitative Analysis Techniques for the Review of the Literature. In: Qualitative Report, Vol. 17 (2012), pp. 56.
  • Asher, A. D.; Duke, L. M.; Wilson, S. (2013): Paths of discovery: Comparing the search effectiveness of EBSCO Discovery Service, Summon, Google Scholar, and conventional library resources. College & Research Libraries,  Vol. 74 (2013) No. 5pp. 464-488.
  • Halevi, G.; Moed, H.; Bar-Ilan, J. (2017): Suitability of Google Scholar as a source of scientific information and as a source of data for scientific evaluation – Review of the Literature. Journal of Infometrics, Vol. 11 (2017), pp. 823-834.
  • Dewan, P. (2012): Making the Most of Google Scholar in Academic Libraries. Feliciter (CLA), Vol. 58 (2012) No. 6, pp. 41-42.

 

 

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